Die Pfarrerfamilien Simonis und Simonis-König
zwischen Reformation und Säkularisation
(in den Pfarreien Anröchte, Mellrich und Esbeck von 1535 bis
1846)
Von Arnold M. Vogt
Inhaltsverzeichnis
I Einleitung |
177 |
II Die Geistlichen und Juristen des Simonis-Geschlechts
in Anröchte und Mellrich |
178 |
III Die Pfarrerfamilie Simonis-König in Mellrich und in
Esbeck |
184 |
1) Pastor Heinrich Simonis |
184 |
2) Die Inhaber der Esbecker Blutsvikarie
St. Barbara |
189 |
IV Zusammenfassung: Zur Rekrutierung des Priesternachwuchses
aus der
ländlichen Bevölkerung |
196 |
Ahnenauszug / Verwandtschaftstafel |
198 |
I
Einleitung
Die Geschichte der Familien Simonis (Anröchte), bzw. Simonis-König
(Mellrich und Esbeck) erlaubt einen tiefen Einblick in die sozialgeschichtliche
Entwicklung des kurkölnischen Herzogtums Westfalen. Dort konnten diese
Familien und deren nähere Verwandtschaft nämlich vom 16. bis
zum 19. Jahrhundert sehr viele Kirchenämter besetzen (Pfarrer, Kapläne,
Nonnen, Lehrer, Küster usw.). Diese familiäre Amtstradition verdankte
ihre Kraft und Dauer einem engen, ständisch orientierten Verwandtschaftskreis,
auf den zum Beispiel die Hochzeiten von Kindern oder die jeweilige Amtsübergabe
zu beschränken waren, und der Anlehnung an eine machtvolle Staats-
oder Kirchenorganisation. In der Zeit vor der Säkularisation, besonders
während des Absolutismus, hatten Kirchenbeamte weitgehende Funktionen
und Aufgaben von Staatsbeamten, was sich in dem geistlichen Kurfürstentum
Köln stärker auswirken mochte als anderswo etwa in weltlichen
Territorien. Kirchenbeamte
---177---
hatten deshalb für die lokale Entwicklung eine Schlüsselposition.
Sie war keineswegs bloß passiver Natur, sondern sie hatte oft eine
durchaus aktive Rolle; denn ungeachtet der (religionspolitischen) Ereignisse
zwischen Reformation und Säkularisation über drei Jahrhunderte
blieb die Familien-Amtstradition lebendig.
Die Geschichte der Pfarrerfamilie Simonis-König verdient auch deshalb
besondere Beachtung, weil ihr Hauptbetätigungsfeld, Esbeck, eine exponierte
Lage hatte. Es gehörte zu den nördlichsten Pfarreien des ehemaligen
kurkölnischen Westfalen. Es lag in unmittelbarer Nachbarschaft zum
halb lippischen, halb preußischen Lippstadt und in Grenznähe
zu den Fürstbistümern Paderborn und Münster. Zeitweilig
war Esbeck nicht nur territoriales, politisches Grenzgebiet, sondern es
bildete auch reformationspolitisch einen Vorposten des kurkölnischen
Katholizismus.
II
Die Geistlichen und Juristen des Simonis-Geschlechts in Anröchte
und Mellrich
Aus einem Aktenstück des Jahres 1540 stammt die älteste schriftliche
Nachricht über die Pfarrerfamilie Simonis in Anröchte (St. Pankratius)
1.
Sie betraf einen Vertrag zwischen Anröchte und Effeln über eine
Wiese unter dem "Temmberg" und erwähnt: "Nach dem Absterben des Herrn
Johannes Simonis hat Herr Göddert sein Sohn die Wiese gewonnen" 1.
Die Bezeichnung "Herr" weist Vater und Sohn als Geistliche aus, zumal
die Wiese zu Kirchenbesitz gehörte. Offensichtlich war Göddert
seinem Vater im Pfarramt nachgefolgt.
Johannes Simonis soll um 1535 die Reformation in Anröchte eingeführt
haben, was aber nicht nachweisbar ist. Nicht einmal die Zeit seines Amtsantritts
ist bekannt. Möglicherweise war er mit Johann de Brune aus Gent identisch,
der auch den Beinamen "Johannes Simonis" hatte und auf Luthers Weisung
1532 Soest reformierte 2. Brune mußte
jedoch schon im Oktober 1534 wieder die Stadt verlassen, weil er im Verdacht
der Wiedertäuferei stand (infolge seiner Herkunft aus dem wiedertäuferischen
Gent oder seiner vermuteten Verwandtschaft mit dem Wiedertäufer Menno
Simonis). Über seinen weiteren Verbleib ist nichts bekannt. Sollte
Brune unter seinem Beinamen "Johannes Simonis" um 1535 in Anröchte
Zuflucht gefunden haben?
1 Stille, Franz, Anröchte
Dorf und Pfarrei im Wandel der Zeiten, Lippstadt 1937, S. 158 (Das Aktenstück
wurde von Pfarrer Johannes Berens (1806 1874) überliefert, der es
"abgeschrieben hat aus den Akten des Gemeindearchivs zu Anröchte").
2 Schulte, Anna,
Geschichte der Reformation in Anröchte die Pfarrerfamilie Simonis
in Anröchte, ungedr. Manuskript, S. 2, 5, 94, 97. Vgl. Schröer,
Alois, Die Reformation in Westfalen der Glaubenskampf einer Landschaft,
Band 1, Münster 1979, S. 372 391.
---178---
In Lippstadt und Umgebung (Geseke, Erwitte und Anröchte) hatte
die Reformation schon seit längerem sich ausgebreitet. Ihre ersten
Ansätze begannen bereits um 1525, als zwei Lippstädter Augustinermönche
soeben ihr Studium in Wittenberg beendet hatten und nach Westfalen zurückgekehrt
waren. Seit 1530 näherte sich auch der Kölner Erzbischof Hermann
von Wied, zu dessen Territorium damals Anröchte gehörte, der
Reformation und unterstützte sie bald darauf auch offen und energisch.
Die äußeren Zeitumstände lassen eine reformatische Tätigkeit
des ersten Simonis-Pfarrers vermuten, wie sie etwa von der mündlichen
Ortstradition 3 behauptet oder in der
Literatur 4 gelegentlich mit seiner
Vaterschaft begründet wird. Freilich war die Nachkommenschaft von
Priestern im 16. Jahrhundert keine ungewöhnliche Erscheinung. "Die
Protokolle der bischöflichen Visitationen, die in Auswirkung des tridentinischen
Konzils (1545 1563) in allen Fürstentümern . . . zum Teil mehrfach
durchgeführt wurden, beweisen, daß die Mehrzahl der Geistlichen
aller Rangstufen im Konkubinat oder in echter Ehe lebten" 5.
Johannes Simonis muß nach dem überlieferten Aktenstück
vor/um 1540 gestorben sein. Nachfolger im Pfarramt wurde sein Sohn Godefriedus
(Göddert) Simonis. Dieser Name taucht bis 1583 noch wiederholt auf.
Aus dem zeitlichen Zusammenhang und dem Anlaß der jeweiligen Erwähnung
entsteht der Eindruck, daß es sich stets um ein und dieselbe Person
handele. Möglicherweise waren es aber auch wieder Vater und Sohn.
Am 17.4.1561 investierte der Soester Official als Archidiakonal den
Priester Gottfried Symons aus Anröchte mit der Pfarrei in Berge (St.
Michael) 6. Die Kirche in Berge unterstand
damals dem Patronat der mächtigen, protestantischen Edelherren von
Büren. Deshalb ist eine reformatorische Tätigkeit des Gottfried
Symons sehr wahrscheinlich. Kurze Zeit darauf wurde Gottfried Symonis,
Prediger zu Berge, von den Patronen und Provisoren der Bruderschaft "Unserer
Lieben Frau" zu Anröchte als Vikar präsentiert 7.
3 Schulte, a.a.O.,
S. 1 f, 97 f. Simons, Wilhelm, Simons, in: Deutsches Geschlechterbuch,
5. westfälischer Band, bearb. v. Helmut Strehlau, Einzeldruck der
Stammfolge Simon, Limburg/Lahn 1975, S. 21.
4 Stille, Anröchte,
a.a.O., S. 158.
5 Steinbicker, Clemens,
Das Beamtentum in den geistlichen Fürstentümern Nordwest¬deutschlands
im Zeitraum von 1430 1740, in: Beamtentum und Pfarrerstand 1400 1800,
Büdinger Vorträge 1967, hrsg. v. Günter Franz i.A. d. Ranke-Gesellschaft
Vereinigung für Geschichte im öffentlichen Leben und des Instituts
zur Erforschung historischer Führungsschichten (Band 5: Deutsche Führungsschichten
der Neuzeit). Limburg/Lahn 1972, S. 137.
6 Stille, Anröchte,
a.a.O., S. 159. Simons, Simons, a.a.O., S. 22. (Godfried Symons aus Anröchte
wurde von Meynolf von Büren als weltlichem Herrn präsentiert.)
Fahne, Anton, Die Dynasten, Freiherren und jetzigen Grafen von Bocholtz,
Beitrag zur alten Geographie, Rechts-, Sitten- und Culturgeschichte des
Niederrheins, Band 1 Abtheilung 1: Geschichte der verschiedenen Geschlechter
Bocholtz und die alten Zustände am Niederrhein, Köln 1863, S.
114 (Urkundensammlung betreffend den "Sitz Berge" Nr. 4).
7 Stille, Anröchte,
a.a.O., S. 190.
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Es läßt sich vermuten, daß dieser Priester Simonis
mit dem (Sohn? oder) Enkel von Pfarrer Johannes Simonis identisch war.
Eine Urkunde vom 22.2.1556 betraf einen Rentenkauf zwischen Johann von
Graffen zu Anröchte und Göddert, Arndt, Pancratius, Walpurg Simonis
und deren Mutter Margreth. Die Rentenzahlung sollte ein Diedrich Simonis
ausführen 8. Gelegentlich wird
behauptet, daß es sich hier um die Ehefrau und die Kinder von Pastor
Johannes Simonis handelte 9.
Der Reformationsversuch unter Kurfürst Hermann von Wied endete
mit dessen Absetzung 1546. Seine (nächsten) sechs Amtsnachfolger regierten
jeweils nur kurze Zeit, während der eine zaghafte Gegenreformation
einsetzte, die religionspolitische Situation jedoch unentschieden blieb.
Im Jahre 1582 versuchte der Erzbischof Gebhard Truchseß von Waldburg
erneut, das Kurstift Köln der Reformation zuzuführen und in ein
weltliches Herzogtum umzuwandeln. Da er im Rheinland erfolglos blieb, versuchte
er sein Glück in Westfalen. Gemäß seinem Religionsedikt
von 1583 sollten zum Beispiel Prädikanten für die Ausbreitung
der neuen Lehre sorgen. Zu ihnen gehörte seit 9.10.1583 Godefriedus
Simonis als Prädikant, bzw. Pfarrer von Anröchte 10.
Als Prädikant sollte Simonis die Kirche mitverwalten und die neue
Lehre nach der Augsburgischen Konfession verbreiten. Wie lange er in diesem
Amte tätig blieb ob etwa über die Truchseßschen Wirren
(1583/84) hinaus, ist nicht bekannt.
In den folgenden Jahrzehnten erscheinen wieder Personen mit dem Namen
Simonis in Kirchenämtern, zum Beispiel als Kirchenprovisoren 11.
Sie mußten das Kirchenvermögen verwalten. Jeweils zum Jahresende
legten sie dem Pfarrer, den übrigen Provisoren und dem Vertreter des
Erzbistums einen Rechenschaftsbericht vor.
Aus Anröchte stammen auch einige Juristen mit dem Namen Simonis,
die wahrscheinlich zur Verwandtschaft der Priesterfamilie gehören.
1574 wurde zum Beispiel "Jürgen Simons" 12
als Richter des benachbarten Robringhausen erwähnt. In einem Tauschvortrag
von 1581 wurde er als "Richter zu An
8 Simons, Simons,
a.a.O., S. 22. Vgl. auch: Westfälische Schatzungs- und Steuerregister,
Band 2: Die Schatzungsregister des 16. Jahrhunderts für das Herzogtum
Westfalen, Teil 1: Die Register von 1536 und 1565, nach Vorarb. v. Frenn
Wiethoff, hrsg. v. Reinhard Oberschelp u. Mitw. v. Helmut Richtering, Veröffentlichungen
der Histori¬schen Kommission Westfalens: XXX, München 1971, S.
57 f ("Dirich Symons").
9 Simons, Simons,
a.a.O., S. 22. Schulte, a.a.O., S. 7, 94.
10 Kleinsorgen, Georg
von, Tagebuch des Gebhard Truchseß, Münster 1780, S. 185. Laut
Dr. A. Schulte war Godefriedus Simonis ein Enkel von Pastor Johannes Simonis;
vgl. Schulte, a.a.O., S. 8 f, 99. Dechant Stille vermutet in ihm einen
direkten Sohn von Johannes Simonis, den 1540 im Aktenstück erwähnten
"Göddert Simonis"; vgl. Stille, Anröchte, a.a.O., S. 159.
11 1611 war ein "Gert
Simonis" Anröchter Kirchenprovisor. Als Waldemeinsprovisoren sind
"Jürgen Simonis" für 1612 und 1613, sowie "Henrich Simonis" für
1623 und 1624 bekannt. 1613 war "Gerdt Simonis" Anröchter Kirchenpächter;
vgl. Stille, Anröchte, a.a.O., S. 238, 250, 275.
12 Stadtarchiv Soest,
Hs V 39/S. 489.
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röchte" bezeichnet 13. Er war
mit Elisabeth Frederichs, der Tochter des Bürgermeisters Johann Frederichs
aus Meschede vermählt 14. Unter
den Söhnen von Jürgen Simonis wurde Heinrich Simonis, Notar und
Licentiat der Rechte, 1612 in Soest Neubürger, wo er bald wegen vieler
Prozesse u.a. am Reichskammergericht bekannt war 15
. Für seinen Umzug in die Stadt mögen sicher die unsicheren Verhältnisse
auf dem Lande von Bedeutung gewesen sein; denn im Rahmen der Gegenreformation
nach den Truchseßschen Wirren sorgten die spanische und die niederländische
Soldateska für erhebliche Unruhe, unter der besonders die Orte mit
Reformationsanhängern zu leiden hatten. Das protestantische Soest
bot dem Juristen sicher bessere berufliche Aufstiegsmöglichkeiten,
als das (inzwischen wieder) "katholische" Anröchte. Auf dem Lande
war ein Jurist oder Notar ohnehin oft noch wegen des kärglichen Unterhalts
gezwungen, zugleich das Amt des Küsters oder Lehrers zu übernehmen
16.
In den folgenden Jahrzehnten lassen sich noch Heiraten der Simonis-Familie
feststellen, die aber spätestens 1688 dort erloschen war 17.
Statt dessen sind in dem nur ca. 2,4 km entfernten Pfarrort Mellrich (St.
Alexander) um 1678 bis 1698 die Eheleute "Ludimagister Simonis" und Anna,
geb. Luther überliefert, von denen in den folgenden Generationen die
Esbecker Pfarrer Simonis-König stammen. Mellrich sollte über
mehr als ein Jahrhundert für die Familie Simonis-König eine besondere
Rolle haben, was noch zu zeigen ist.
In Mellrich war bereits 1574 Jürgen Simonis als Richter des Gogerichts
Robringhausen tätig gewesen. Dieses Gogericht erstreckte sich über
die fünf Dörfer des Kirchspiels Mellrich (Clieve, Waltringhausen,
Altenmellrich, Robringhausen und Uelde). 1597 wurde es von Kurfürst
Ernst von Lüttich (1583 1612) mit dem Patrimonialgericht des Hauses
Eggeringhausen vereinigt, das künftig die Rechtssprechung für
das Kirchspiel Mellrich wahrnahm. Die "Herrschaft Mellrich" und das "Haus
Eggeringhausen" waren damals in der Hand der katholischen Herren von Ketteler,
so daß die Vereinigung der beiden Gerichte (Robringhausen/Mellrich
und Eggeringhausen) als politischer Akt der Gegenreformation deutlich wird.
Mellrichs Bedeutung als ein Zentrum der Gegenreformation verstärkte
sich später noch, als 1603 Graf Johann von Rietberg und Ostfriesland
das Haus Eggeringhausen und die Herrschaft Mellrich erwarb. Er war anfangs
protestantisch, dann aber, um seine Nichte Sabina Catharina, die Erbin
der Grafschaft Rietberg zu heiraten, zur katholischen Kirche übergetreten.
Er galt bald als
13 Fahne, Dynasten,
a.a.O., S. 112 (Urkundensammlung betreffend die "Herrlichkeit Mellrich",
Nr. 47).
14 Simons, Simons,
a.a.O., S. 23. Laut Dr. A. Schulte soll Richter Jürgen Simonis ein
Enkel von Pastor Johannes Simonis und Sohn des Pfarrers Göddert Simonis
gewesen sein; vgl. Schulte, a.a.O., S. 99 f.
15 Simons, Simons,
a.a.O., S. 26 ff.
16 Steinbicker, Beamtentum,
a.a.O., S. 129.
17 Vgl. Kirchenarchiv
St. Pankratius, Anröchte. Simons, Simons, a.a.O., S. 23.
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ein militanter Exponent des Katholizismus, der insbesondere der grenznahen
Reformation im Paderborner Fürstbistum mit Gewalt ein Ende bereitete.
1699, in der Zeit der Mellricher Simonis-Familie, gelangten Mellrich und
Eggeringhausen an den österreichischen Grafen Maximilian Ulrich von
Kaunitz, der die Erbtochter Ernestina als 12jährige heiratete.
Im Zuge der Gegenreformation wurden auch die tridentinischen Reformen
in der Kirchenbuchführung durchgeführt, so daß die Generationsfolge
der Simonis-Familie in der späteren Zeit sicher bestimmt werden kann.
Die erwähnten Eheleute Simonis (-Luther) in Mellrich sind als Eltern
von vier Töchtern (Maria, Anna, Anna Margaretha und Katharina) und
des Esbecker Pfarrers Heinrich Simonis überliefert. Zweifellos waren
sie Anhänger der Gegenreformation, zu der es damals zumindest in der
geistlichen Laufbahn wohl keine Alternative mehr gab.
Der Ehemann Simonis hatte wahrscheinlich durch seine Heirat mit Anna
Luther die Lehrerstelle ("Ludimagister") in Mellrich erhalten, die je nach
Umständen (zum Beispiel der Anzahl der Bewerber) kombiniert war mit
den Ämtern des Küsters oder des ländlichen Notars. In Mellrich
war schon 1623 ein Küster mit dem Namen Godefriedus Luther angestellt18.
Später taucht der Name, teils in latinisierter Form, unter Küstern
der benachbarten Pfarrei Anröchte (wieder) auf 19.
In der Regel werden die einzelnen Personen unter dem Namen Simonis,
soweit sie in Anröchte oder der Umgebung erscheinen, stets zu einem
Verwandtschaftskreis gewiesen 20, obwohl
die Generationsfolge in vielen Fällen
18 Stille, Franz,
Aus der Geschichte der Herrlichkeit und des Kirchspiels Mellrich, Lippstadt
1935, S. 84; Historisches Archiv des Erzbistums Köln, Gen.Vic.Archiv,
Handschrift XVIII b 1, S. 374.
19 Von 1678 bis 1707
wurde Johannes Caspar Sprenger als Küster in Anröchte genannt,
dessen Nachfolger ein "Lutter" (später "Lotharius") war. Als Lutter
1733 starb, folgte ihm sein Sohn Johannes Heinrich Lotharius im Küsteramt,
dessen Nachfolger 1765 der Schwiegersohn Johannes Niemand wurde; vgl. Stille,
Anröchte, a.a.O., S. 195 f.
20 Schulte, a.a.O.,
S. 1 ff, 91 ff. Simons, Simons, a.a.O., S. 23. Stille, Anröchte, a.a.O.,
S. 158 f. Vogt, Arnold M., Beiträge zur Familienkunde Vogt (-Brinkmann),
Rüthen, Münster 1975, S. 31 ff, 42.
In diesem Zusammenhang sind jene Versuche bemerkenswert,
die Ehefrau des "Ludimagister Simonis", Anna Luther, als eine direkte Nachfahrin
des Reformators Martin Luther zu identifizieren. Dazu waren Anhaltspunkte
in der mündlichen Tradition der Anröchter Gegend gegeben (nach
Ansicht von H.J. Stienemeyer war "Luther" eine protestantische "Literatenfamilie";
vgl. Schreiben von Doz. Dr. Hubert C.M. Vogt vom 17.4.1971), die sich aber
nicht überprüfen ließen. Vgl. Clasen, Martin, Das neue
Luther-Nachkommenbuch 1525 1960, hrsg. i. A. d. Lutheriden-Vereinigung
e.V. d. M. Clasen, bearb. von Ludwig Schmidt, Band 3: Ahnen und Enkel-Sammlung
von Ahnen- und Nachkommenlisten (Neue Folge der Ahnenreihen aus allen Deutschen
Gauen, 4 Bände 1928 1944, hrsg. von H.F. v. Ehrenbrook, K. Förster,
K.E. v. Marchtaler, bearb. v. Friedrich Wilhlem Euler), Limburg/Lahn 1960,
S. 286: Über Todeszeit und -ort von Anna Luther, einer Enkelin des
Reformators und über ihre Nachkommen ist nichts sicheres bekannt.
1596 sind sie und ihr Ehemann Nikolaus Marschall d.J. ("aus dem Hause Bieberstein")
zwar noch im Arnsfelder Kirchenbuch erwähnt; anschließend jedoch
lassen sich keine sicheren Nachrichten finden!
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im strengen genealogischen Sinne nicht nachweisbar ist. Wenn auch die
Namensgleichheit an sich noch kein hinreichender Anhaltspunkt für
den verwandtschaftlichen Zusammenhang der genannten Personen Simonis ist,
so deuten doch nach den damaligen Umständen schon die vielen Kirchenämter
auf die Zugehörigkeit zu einem Geschlecht. Denn "es lag in der Natur
der damaligen Zeit, daß jeder Beamte bestrebt sein mußte, seine
Amtsnachfolge einem möglichst nahen Verwandten zu sichern. Das diente
auch der Versorgung der Familie, wenn er selbst nicht mehr unterhalten
konnte. Vielfach wanderte die Stelle auch mit der Hand seiner Witwe an
den Amtsnachfolger weiter, wenn die Ehe nicht von langem Bestand gewesen
war. Geeignete Mittel zur Erhaltung des Amtes waren rechtzeitige Resignation
des Amtes zugunsten eines Verwandten, wenn man das Ende nahen fühlte,
oder Erwirkung einer Ekspektanz, wenn der Sohn noch nicht herangewachsen
war" 21.
Ein weiterer Gesichtspunkt, der für die Verwandtschaft von Anröchte
und Mellricher Simonis-Linien spricht, ist das Wappen des aus Mellrich
gebürtigen Esbecker Pfarrers Heinrich Simonis. Es ist leider nur in
einem einzigen Exemplar 22 überliefert,
das durch eine Blase nur schwer erkennbar ist. Neben einer theologisch-biblischen
Deutung des Wappenbildes 23 (Hahn nach
links) ist auch der gekrönte Rabe nach links als Bild denkbar 24.
Dieses Wappen mit dem Raben erscheint auch auf einem Grabstein der Briloner
Propsteikirche, wo die Schwester Walpurg des erwähnten "Notarius Anruchtensis
Henricus Simonis" aus Anröchte begraben wurde" 25.
Wie sehr die Anhäufung von (juristischen oder geistlichen) Kirchenämtern
und die familiäre Amtstradition, mit denen vorwiegend die Verwandtschaft
zwischen Mellricher und Anröchter Simonis-Linien begründet wird,
auf das
21 Steinbicker, Beamtentum,
a.a.O., S. 130.
22 Erzbistumsarchiv
Paderborn, Archivband 141 "blau" Esbeck/Eslohe, vol. 9. Eine Photographie
des Siegels wurde wiedergegeben in: Vogt, Arnold M., Die Geschichte des
Vogt-Hofes in Ehringhausen und seiner Bewohner vom 17. Jahrhundert bis
zur Bauernbefreiung Anfang des 19. Jahrhunderts, in: Geseker Heimatblätter,
37. Jahrgang, Nr. 227 (Juli 1979).
23 Vgl. Anm. Nr.
30.
24 Vogt, Vogt-Hof,
a.a.O., Anm. Nr. 32. Vgl. Schreiben von Wilhelm Simons vom 15.5. 1979.
25 Walpurg Simonis
war die Ehefrau des Bürgermeisters von Brilon, Hermann Scharffe, der
1616 starb und zusammen mit seinen beiden Ehefrauen bestattet wurde. Der
Grabstein, den sein Sohn Conrad Scharffe "zu Ehren und christlichen Gedächtnis
seines lieben Vattern" anbringen ließ, zeigte zwei Hauszeichen und
das Simoniswappen in der Reihenfolge der Bestattungen: neben dem Bürgermeister
liegen nämlich seine beiden Frauen, "Prima uxor L.W., altera W.-alpurg-
S.-imonis"; vgl. Michels, Paul, Alte Grabtafeln in der Pfarrkirche zu Brilon,
in: Beiträge zur westfälischen Familienforschung, Band 2, 1939,
S. 102 ff; Staatsarchiv Münster, Manuskript VII 5907 (Seibertz-Aufzeichnungen).
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Mellrich-Esbecker Pfarrergeschlecht Simonis-König zutreffen, mag
für die quellenmäßig besser erschließbare Zeit insbesondere
am Beispiel der Blutsvikarie St. Barbara (1711/1725 1846) gezeigt werden.
III
Die Pfarrerfamilie Simonis-König in Mellrich und in Esbeck
1) Pastor Heinrich Simonis
Ludimagister Simonis war vor/um 1696 wahrscheinlich schon gestorben;
denn am 1. April dieses Jahres wurde sein Sohn Heinrich Simonis, begleitet
von der Mutter Anna Simonis, geb. Luther, in Esbeck (St. Severinus) als
Pfarrer eingeführt 26. Damit begann
für mehr als zwölf Jahrzehnte eine stärkere beruflich-soziale
und bald darauf auch verwandtschaftliche Bindung zwischen den beiden Kirchspielen
Mellrich und Esbeck, die nur etwa 15km voneinander entfernt liegen. Dies
zeigte sich zum Beispiel an der Nepomukverehrung, zu deren ersten westfälischen
Zentren Mellrich gehörte. Sie hat ihren politischen und dynastischen
Hintergrund in der erwähnten Heirat des österreichisch-mährischen
Grafen Maximilian Ulrich von Kaunitz mit der Erbtochter Ernestina Gräfin
von Rietberg und Ostfriesland, wodurch auch Mellrich in seinen Besitz gelangte.
Dort wurde fortan der böhmisch-mährische Heilige Nepomuk besonders
nach dessen Seligsprechung 1721 als Patron verehrt. Simonis übernahm
diesen Heiligenkult aus seinem Geburtsort auch schon sehr früh 27.
Aus dieser Zeit stammen noch viele erhaltene Standbilder, die im Zeichen
der Gegenreformation u.a. zur Frömmigkeitserneuerung errichtet wurden.
Als Simonis 1696 das Pfarramt antrat, fand er eine völlig verwilderte
und verwahrloste Kirchengemeinde vor. Mit dem neuen Pastor begann für
das Kirchspiel auch die Gegenreformation, wie sie durch eigene Aufzeichnungen
des Pfarrers geschildert wurde 28.
Er selbst bezeichnet sich als "pastor a finibus
26 Schreiben von Dr.
Cohausz (Erzbistumsarchiv Paderborn) vom 2.5.1979.
27 Eine Nepomukstatue
von 1725 steht noch heute vor dem Schloß Eggeringhausen. Aus Esbeck
ist ein Nepomuk-Betstock von 1736 erhalten; vgl. Johannes von Nepo¬muk
Variationen über ein Thema, Katalog zur Ausstellung (des Adalbert-Stifter-Vereins
München und des Museums Höxter-Corvey i. Zusammenarb. m. d. Landesdenkmalamt
Westfalen-Lippe Münster) in Schloß Corvey/Weser vom 22.7.
1.10. 1973 anläßlich der Jahrtausendfeier des Bistums Prag,
München, Paderborn, Wien 1973, S. 54, 59 ff, Übersichtskarte.
Zu den dynastischen, religionspolitischen Zusammenhängen, insbesondere
zur Vereinigung der Gerichte Robringhausen/Mellrich und Eggeringhausen
vgl.: Herberhold, Franz, Aus der Geschichte des Kirchspiels Mellrich,
in: 60 Jahre Spar- und Darlehnskasse Mellrich, Münster 1959; und Scherl,
Hermann, Die Grafschaft Rietberg unter dem Geschlecht der Kaunitz, unter
besonderer Berücksichtigung der Verwaltungsgeschichte (1699 1822),
phil. Diss., Innsbruck 1969, S. 14 ff, 379 ff.
28 Diese Aufzeichnungen
von Simonis müssen wohl den Neubau der Pfarrkirche von Esbeck betreffen
oder sie sind gelegentlich über die Kirchenbücher verteilt. Eine
"Pfarrchronik", wie sie laut den Genealogen Josef H. Stienemeyer und Spiritual
Carl Michels (gest. 1967) noch existieren sollte, ist im Erzbistumsarchiv
Paderborn nicht bekannt (laut Schreiben von Dr. Cohausz vom 18.4.1979).
Als die Kirchenbücher noch nicht in Paderborn zentral erfaßt
waren, war das Esbecker Pfarrarchiv nur schwer zugänglich (Schreiben
von Herrn Erich Finke, Landgericht Paderborn, vom 8.4.1976). Meine Arbeiten
mußten sich lange Zeit auf die Gewährsleute Stienemeyer und
Michels stützen, deren Ergebnisse im wesentlichen übereinstimmten
(vgl. Vogt, Beiträge a.a.O., S. 1, 35, 54, 154, 211, 216 f, Bilds.
3, 7). Merkwürdigerweise konnten Angaben über Ereignisse, die
durch die sogenannte "Pfarrchronik" von Pastor H. Simonis angeblich überliefert
worden seien, bisher stets durch Kirchenbucheintragungen o.ä. bestätigt
werden.
---184---
acatholicorum" 29, was seine kämpferische
Haltung bezeugt. In diesem Sinne könnte auch sein bereits erwähntes
Wappen interpretiert werden. Allerdings ist eine exakte Deutung wegen der
Beschädigung des einzigen überlieferten Exemplars nicht möglich.
Außer einem gekrönten Raben nach links, wie oben bereits dargestellt
wurde, könnte es auch einen Hahn nach links enthalten. Dieses Bildmotiv
wäre dann als eine theologisch-selbstkritische Anspielung an den Namenspatron
von Pfarrer Simonis: den Apostel Simon Petrus dem Neuen Testament entnommen
worden 30.
Simonis bemühte sich nachdrücklich um die Pflege der vernachlässigten
Besitzverhältnisse. Alte Lagerbücher schrieb er teils neu auf
oder ließ sie am sicheren Ort aufbewahren 31.
Von Memorienspenden erweiterte er den Landbesitz der Kirche. Äußerlich
fand Simonis' gegenreformatorische Wirksamkeit ihren auffallenden Ausdruck
in dessen reger Bautätigkeit.
Hohen Verdienst erwarb er sich mit der Neuerrichtung der Pfarrkirche
nach damaligem Brauch weitgehend aus eigenen Mitteln. Sie mochte nach
außen hin die Erneuerung des kirchlich-religiösen Lebens demonstrieren.
Das alte Gebäude war infolge häufiger Kampfeinwirkung besonders
während des 30jährigen Krieges (1618 1648) wiederholter Zerstörung
ausgesetzt und baufällig geworden 32.
Ähnlich verhielt es sich mit der Kapelle des Dorfes Dedinghausen,
deren Neubau aus dem Kapellenfond, bzw., wo dieser nicht ausreichte, durch
den Zuschuß des Pastors betrieben wurde 33.
Die Dörfer Dedinghausen, Rixbeck und Esbeck bildeten zusammen eine
Kirchspielgemeinde. Dedinghausen hatte mit dem Köni(n)g-Hof und der
neuen Kapelle für die Pfarrerfamilie Simonis-König besondere
Bedeutung.
Die Neuerrichtung von Kirchenbauten auch unter Einsatz eigener finanzieller
Mittel sind ein typisches Beispiel für das vorsäkulare und vorindustrielle
29 Erzbistumsarchiv,
Band 141, a.a.O., vol. 9.
30 In der biblischen
Leidensgeschichte Jesu verleugnet Simon Petrus seinen Herrn (vgl. Mt 26,
29 ff, Mk 14, 66 72; Lk 22, 56 62; Jo 18, 15 27).
31 Vogt, Beiträge,
a.a.O., S. 38.
32 Die von Simonis
neuerrichtete Pfarrkirche wurde schon unter Pastor Aloys Hellinger (1818
1878) mit dem Nachlaß von Pfarrer Johannes Berensmeier (1818
1869) abgerissen und durch einen Neubau ersetzt: die heutige Kirche. Durch
eine zeitgenössische Severinus-Statue wurde aber das äußere
Erscheinungsbild der von Simonis gebauten Kirche festgehalten: vgl. Vogt,
Beiträge, a.a.O., S. 36 f, Bilds. 2; Vogt, Vogthof, a.a.O.
33 Mathey, Friedrich,
Kleine Kirchengeschichte der Filiale Dedinghausen, in: Fest¬schrift
zum 100jährigen Jubelfest am 21., 22., 23. Juli 1973, Schützenverein
Dedinghausen, hrsg. v. Schützenverein Dedinghausen, Lippstadt 1973,
S. 103.
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kirchliche Amtsbewußtsein, das von Begriffen zum Beispiel der
Kleinfamilie, der modernen Arbeitsteilung oder etwa der Unterscheidung
von privaten und öffentlich-amtlichen Interessen oder -Vermögen
noch völlig unberührt war. Erst in diesem Zusammenhang werden
die Hochzeiten der Schwestern von Pastor Heinrich Simonis verständlich,
die keineswegs zufälligen Charakters waren, vielmehr die weitere soziale
Entwicklung der Mellrich-Esbecker Pfarrerfamilie mitbegründeten. Die
neuen verwandtschaftlichen Bindungen, die Pastor Simonis den Hochzeiten
seiner Schwestern verdankte, deuten denn auch auf ein sicher nicht beiläufiges,
sondern, wie es scheint, bewußt geplantes Heiratssystem. Dieses System
konnte sich in den folgenden zwölf Generationen erhalten und mochte
einerseits der familiär-verwandtschaftlichen Versorgung u.a. mit Kirchenpachten
oder -ämtern (Pfarrstelle in Esbeck, die von Simonis 1725 neugegründete
Blutsvikarie St. Barbara, Lehrer, Küster usw.), andererseits zumindest
anfangs quasi als ein Mittel der Gegenreformation dienen. Es verwundert
hier auch nicht, daß die von Pfarrer Simonis gegründete Bruderschaft
zum Beispiel vorwiegend Verwandte betraf. Die Bruderschaft organisierte
das Dorfschulwesen und gewährleistete das kirchlich-religiöse
Leben. In diesen Zusammenhang gehören auch einige Stiftungen von Verwandten
34.
Heinrich Simonis hatte vier Schwestern:
1. Maria blieb am Geburtsort Mellrich und war dort mit Johannes Hoffherr
verheiratet. (Aus ihrer Nachkommenschaft stammten drei der insgesamt neun
Esbecker Geistlichen);
2. Anna folgte ihrem Bruder als Haushälterin nach Esbeck;
3. Anna Margaretha heiratete am 11.11.1703 den Erben des Heidmann-Hofes
in Esbeck, Johannes Heidmann;
4. Katharina (gest. am 25.3.1715) war am 30.1.1703 mit dem Hoferben
des König-Hofes in Dedinghausen, Johannes Köni(n)g vermählt.
Er heiratete in zweiter Ehe am 15.7.1715 eine Schwägerin seiner ersten
Frau, Anna Katharina Heidmann. (Aus seiner ersten Ehe stammten in den folgenden
zwei Generationen die beiden nächsten Amtsnachfolger von Pastor Heinrich
Simonis als Pfarrer von Esbeck).
Da die beiden nächsten auf Pastor Simonis folgenden Pfarrer von
Esbeck vom Dedinghauser Köni(n)g-Hof stammen, soll die weitere Entwicklung
des Pfarrergeschlechts Simonis-König mit einem Teil der Hofgeschichte
verdeutlicht werden. Aus der Ehe der Katharina Simonis mit Johannes Köni(n)g
haben fünf der neun Kinder das Kindesalter überlebt:
34 Sehr viele Memorienstiftungen
von Verwandten; u.a. Orgelstiftung von Anna Simonis, der Schwester und
Haushälterin von Pfarrer Heinrich Simonis; vgl. Vogt, Beiträge,
a.a.O., S. 39.
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1. Johannes Bernhard (1705 1783), Inhaber des Familienbeneficiums
als Vikar ad Stam. Barbaram, Pfarrer von Esbeck und Gründer einer
Familienstiftung für arme Waisen;
2. Johannes Theodor (1708 1769) heiratete die Erbtochter des Remmers-Hofes
in Dedinghausen;
3. Anna Margaretha (1709 1737) heiratete den Küster Heinrich
Stracke, der wiederum in zweiter Ehe am 16.11.1738 die Schwägerin
seiner ersten Frau, Elisabeth Gertrud Remmers heiratete 35.
4. Johannes Stephan (1711 1793) war zu Liesborn mit der Hoferbin Christina
Steinhoff vermählt. Deren Sohn Ferdinand Antonius König, genannt
Steinhoff (1754 1828) wurde der zweite Amtsnachfolger von Pastor Heinrich
Simonis,
5. Heinrich Severinus (1714 1767), Inhaber des Familienbeneficiums
St. Barbara, d.h. Nachfolger seines Onkels als Esbecker Vikar.
Als die Mutter Katharina König, geb. Simonis, am 25.3.1715 starb,
hatte der Hof noch keinen sicheren Erben. Der Vater Johannes König
heiratete deshalb kaum vier Monate später, am 15.7.1715 die Schwägerin
seiner ersten Frau: Anna Katharina Heidmann. Aus dieser Ehe stammen drei
Kinder, von denen jedoch nur der Sohn Johannes Everhard (1719 1801) heranwuchs.
Als der Vater Johannes König am 3.12.1722 starb, heiratete die Witwe
Anna Katharina König, geb. Heidmann am 13.2.1723 schon erneut: Franz
Muhs aus Hörste. Von ihnen wurde ein Sohn, Gottfried Everhard, geboren.
Nach dem Tod des zweiten Ehemannes am 10.2.1725 heiratete die Witwe bereits
am 21.4.1725 ein drittes Mal: Kaspar Mettener aus Norddorf, deren Tochter
Katharina Elisabeth (1728 1806) den Hof später erben sollte. Auch
der dritte Ehemann verstarb sehr früh am 13.7.1730. Daraufhin vermählte
sich die Witwe Anna Katharina Mettener, geb. Heidmann, verw. König,
verw. Muhs am 2.11.1730 noch einmal mit Johannes Kaspar Koch 36.
Die häufigen Heiraten in jeweils kurzem Zeitabstand sind angesichts
der Erfordernisse des damaligen Hoflebens zu verstehen. Der Hof hatte seinen
Besitzern vielfältige Arbeiten und Pflichten auferlegt. Die Bäuerin
war zu sehr mit bäuerlichen Hausarbeiten beschäftigt, als daß
sie auch gleichzeitig das Feld bestellen oder gar sich handwerklichen Arbeiten
hätte widmen können. Es bedurfte eines Bauern, wenn der Hof nicht
als herrenlos gelten und von der Dorfbevölkerung gemieden werden sollte.
Der Heiratskreis, der durch die Hochzeiten der drei Schwestern von Pastor
Heinrich Simonis auf die Höfe Hoffherr (Mellrich), Heidmann (Esbeck)
35 Der Sohn der Eheleute
Stracke (-Remmers), Nikolaus Stracke, war auf dem Remmershof in Dedinghausen
als Lehrer tätig. Er heiratete 1771 Anna Maria Hasse, die Witwe des
verstorbenen Johannes Theodor König, genannt Remmers; vgl. Vogt, Beiträge,
a.a.O., S. 41 ff, 46, 52 ff.
36 Kirchenarchiv
St. Severinus Esbeck; vgl. Vogt, Beiträge, a.a.O., S. 44 f.
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und König (Dedinghausen) eröffnet wurde, sollte auch in der
Folge beachtet werden und zum Beispiel in der 3. bis 4. Generation von
den Kindern des Ehringhauser Vogthofes (Pfarrei Störmede / St. Pankratius)
wieder geschlossen werden. Zwischen 1764 und 1781 erscheinen nämlich
die Kinder der Eheleute Vogt (-Schlömer) ausschließlich in der
kognatischen Simonis-Linien 37. Bemerkenswert
in dieser Vogt-Generation ist auch die Hochzeit von Katharina Maria Vogt
1777 mit dem Esbecker Küster Johannes Theodor Koch, genannt Bals (wahrscheinlich
aus der Verwandtschaft des Dedinghauser König-Hofes). In dieser Zeit
lebten zugleich zwei vom Vogthof gebürtige Tertiarinnen im Kloster
Nazareth in Störmede 38. Dies
mag beispielhaft die Anhäufung von Kirchenämtern in der Verwandtschaft
der Familie Simonis-König verdeutlichen.
Hochzeiten von Geschwistern, wie zum Beispiel der Kinder der Eheleute
Vogt (-Schlömer), im engeren Verwandtschaftskreis, waren eine häufige
Erscheinung, die der möglichst geschlossenen Sicherung von Besitz-
und Erbschaftsansprüchen innerhalb eines engen Familienkreises diente.
In diesem Zusammenhang wird das oft generationstiefe "Untereinanderverwandtsein
bestimmter Gesellschaftsschichten des Adels oder des Hofbesitzes eines
alten Bauerndorfes" 39 in "nicht einmal . . . örtlich eng zu ziehenden
Grenzen" 39 verständlich. Der
Grad genealogischer Integrationsdichte wurde häufig sogar zum sozialen
Wertmesser einer Familie, was besondere Bedeutung hatte im Hinblick auf
die fortwirkende mittelalterliche Vorstellung von den gottgewollten und
von der Kirche geheiligten Standesverhältnissen.
Der Nachweis von vielen Kirchenämtern (Pfarrer, Kapläne, Nonnen,
Lehrer, Küster etc.) in einer (bäuerlichen) Familie oder in deren
enger Verwandtschaft ist ein wichtiges Kriterium für ihre soziale
Einordnung. Hier wirkte sich aber ebenso aus, daß die Erzbischöfe
von Köln als Herzöge von Westfalen in
37 Der Urenkel von
Anna Margaretha Simonis, Stephan Anton Sudhoff, Erbe des Heidmann-Hofes
in Esbeck, heiratete 1821 die Witwe Theresia Sporck-König, geb. König-Pottgüter,
eine Enkelin der Eheleute Vogt (-Schlömer); ihr Großvater, Bernhard
König war außerdem ein Schwager von Katharina Simonis gewesen;
zwei Enkelinnen von Katharina Simonis, die Erbtochter des Remmers-Hofes
in Dedinghausen, Angela Maria König, genannt Remmers, und deren Schwester,
Anna Maria König, genannt Remmers, heirateten 1769 im Rahmen sogenannter
"Tauschheiraten" zwei Söhne der Eheleute Vogt (-Schlömer): Johannes
Bernhard Franz Vogt und Johannes Heinrich Vogt, genannt Schmies; die Schwester
von Vikar Augustinus Hoffharr, eine Urenkelin von Maria Simonis, Anna Maria
Catharina Elisabeth Hoffherr heiratete 1781 den Hoferben Franz Adam Vogt,
Sohn der Eheleute Vogt (-Schlömer); vgl. Vogt, Beiträge, a.a.O.,
S. 24 ff, 42 f; Vogt, Vogthof, a.a.O.
38 Stadtarchiv Arnsberg
(landständisches Archiv), Schatzungsregister, vol IV A 10/3 1759 Eringhausen;
Vogt, Beiträge, a.a.O., S. 28; Vogt, Vogthof, a.a.O.; Wahle, Walter,
Ehringhausen, in: Geseker Heimatblätter Nr. 214, Januar 1978.
39 Mitgau, Hermann,
Geschlossene Heiratskreise sozialer Inzucht, in: Deutsches Patriziat 1430
1740, Band 3: Schriften zur Problematik der deutschen Führungsschichten
in der Neuzeit, hrsg. v. Günter Franz i.A. der Ranke-Gesellschaft
Vereinigung für Geschichte im öffentlichen Leben, Limburg/Lahn
1968, S. 2.
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Mellrich, Esbeck oder Störmede auch die Landesherren waren. Sie
bewirkten besonders mit dem Beginn des absolutistischen Zeitalters als
Träger der politischen Landesmacht und -gewalt und als Angehörige
des Hochadels ein auf sich bezogenes gesellschaftliches Geltungssystem.
Die kirchen-/behördlichen Ämter enthielten also einen Abglanz
politischer, gesellschaftlicher und kultureller Herrlichkeit des kurfürstlichen
Erzbistums. Ein Priester in der eigenen Familie bedeutete für die
bäuerliche, von der Säkularisierung noch völlig unberührte
Bevölkerung folglich (oft die einzige Möglichkeit für) sozialen
Aufstieg, hohes Ansehen oder die Hebung des familiären Bildungsniveaus.
Denn die erzieherische Tätigkeit der verwandten (reichen) Pfarrer
und Kapläne konnte sich nicht bloß in Taufpatenschaften erschöpfen,
sondern sie schloß auch die Unterweisung im Lesen und Schreiben ein.
Die Pfarrer und die "Gebildeteren" unter den Bauern konnten zum Beispiel
die Forderungen der Grundherren besser und wirkungsvoller auf ihre Rechtmäßigkeit
überprüfen als die bäuerlichen Analphabeten.
Laut Clemens Steinbicker ist der "Übergang aus bäuerlichem
Familienkreis unmittelbar in Beamtenschaft . . . am schwersten nachzuweisen;
wenn überhaupt, so war dies nur aus der obersten bäuerlichen
Schicht, aus den Schulten- und Meierhöfen möglich" 40.
Dies trifft wohl auch für das Bauerngeschlecht König in Dedinghausen
zu. Sprechen einerseits die vielen Pfarrer und Kapläne 41
für sich, so weisen zum Beispiel auch die Schatzungsregister insbesondere
der Jahre 1717, 1760 und 1783 dem Könighof dort die erste Stelle zu
42
. In diesem Zusammenhang kann auch der Heiratskreis Simonis-Heidmann-König-Sporck
erwähnt werden, in dessen Verwandtschaft jener Graf Johann von Sporck
(1601 1679) gehört, der durch hervorragende militärische Leistungen
während des 30jährigen Krieges von Kaiser Ferdinand III. 1647
aus dem Bauern- in den Freiherren-, später auch in den Grafenstand
erhoben wurde 43.
2) Die Inhaber der Esbecker Blutsvikarie St. Barbara
Mit einer Blutsvikarie, die der heiligen Barbara geweiht war, schuf
Pastor Heinrich Simonis am 16.1.1725 eine interessante Versorgungsstelle
für seine Familie, d.h. für die Nachkommen seiner Schwestern
44.
Das Familienbene-
40 Steinbicker, Beamtentum,
a.a.O., S. 141.
41 Siehe Seite 8
ff.
42 Stadtarchiv Arnsberg,
a.a.O., vol. IV A 7/1717; 13/1760; 12/1760; 26/2 1783; Dedinghausen; vgl.
Vogt, Beiträge, a.a.O., S. 48 f.
43 Laumanns, Carl,
Er unterzeichnete als "Sporck, Graf" das Lebensbild des bedeutendsten
Reitergenerals seiner Zeit vom Bauernsohn zum Reichsgrafen, in: Heimatblätter,
Lippstadt 44. Jahrgang, Folge 6, März 1963, S. 21 ff.
44 Erzbistumsarchiv
Paderborn, Band 141, a.a.O., vol. 6 f (Fundationsprotokoll); vgl.: Linneborn,
Johannes (Bearb.), Inventar des Archivs des Bischöflichen Generalvikariates
zu Paderborn, hrsg. v. d. Historischen Kommission der Provinz Westfalen,
Beiband II, 1 (Regierungsbezirk Minden/Archiv des Bischöflichen Generalvikariates
in Paderborn), Münster 1920, S. 214, Band 141.
---189---
ficium St. Barbara wirkte auch als ein Anreiz für die geistliche
Laufbahn von Angehörigen, die im einzelnen hier näher erläutert
werden soll.
Gemäß einem Zusatzvermerk des Stifters vom 23.10.1740 sollte
der Bewerber der Blutsvikarie die folgenden Bedingungen erfüllen 45:
den Nachweis der Tonsur;
die Verwandtschaft mit dem Stifter;
die Zustimmung des jeweiligen Pfarrers von Esbeck (, der wohl in
der Vorstellung des Stifters stets dessen Familie angehören sollte);
keine gleichzeitige Investitur anderer Vikarien oder sonstiger Ämter;
(Während einer Vakanz mochte dennoch ein ehemaliger Inhaber, wie zum
Beispiel später Pfarrer Wiese, oder ein sogenannter "Patron" die Einkünfte
der Vikarie genießen. Der Titel "Patron" ist allerdings nur für
Vikar Augustinus Hoffherr nachgewiesen 46.)
Zu den Pflichten des Vikars gehörte die sonntägliche Primmesse
und jeden Freitag ein zusätzliches Gedächtnis für das Seelenheil
des Stifters 47. Außerdem sollte
er wohl den dörflichen Schulunterricht leisten 48.
Die finanziellen Verhältnisse der Vikarie waren meist sehr belastet.
1769 zum Beispiel beklagte Pfarrer Johannes Bernhard König die infolge
Krieg und Wirtschaftsmisere angegriffenen Verhältnisse, weshalb er
einen Bewerber ablehnen wollte 49.
Aus späteren Einnahme- und Lastenvergleichen sticht der notdürftige
bis mittelmäßige Zustand des Vikariegebäudes hervor 50.
1
Der erste Inhaber des Familienbeneficiums, Heinrich Hoffherr, stammte aus
Mellrich, dem Geburtsort des Stifters. Er wurde von seinem Onkel, dem Stifter
Pastor Heinrich Simonis präsentiert. Die Bestallung erfolgte unter
dem 23.3.1725 51.
2
Auf Hoffherr folgte schon am 10.10.1728 dessen Vetter, Johannes Bernhard
König als neuer Vikar in Esbeck 52.
Bis zu seiner Amtseinführung als Pfarrer am 13.9.1736 half er seinem
Onkel, Pastor Simonis, in den Amtsgeschäften. Um 1769, als sein Bruder
(Vikar Heinrich Severinus König) starb, und kurz
45 Erzbistumsarchiv
Paderborn, a.a.O., vol. 11, Band 141.
46 Erzbistumsarchiv
Paderborn, a.a.O., vol. 17, 20 f, Band 141.
47 Erzbistumsarchiv
Paderborn, a.a.O., vol. 18, Band 141.
48 Siehe Anm. Nr.
47.
49 Erzbistumsarchiv
Paderborn, Band 141, a.a.O., vol. 13 f.
50 Erzbistumsarchiv
Paderborn, Band 141, a.a.O., vol. 13 ff, 20 f.
51 Erzbistumsarchiv
Paderborn, Band 141, a.a.O., vol. 9 f.
52 Kirchenarchiv
St. Severinus, Esbeck.
---190---
nach der freiwilligen Resignation des Pfarramtes zugunsten seines Neffen
Ferdinand Antonius König, genannt Steinhoff am 30.4.1780 hat er wohl
jeweils kurze Zeit die Vikarie übernommen.
Sein Siegel verdient besonderes Interesse, weil es die Namensinitialen
seines Onkels : "H" und "S" enthält 53.
Dies belegt zusätzlich die Autorität und die enge Verbundenheit
des Pfarrers Simonis mit dessen Neffen und Amtsnachfolger. Das hohe Ansehen,
das Simonis bei seinen Angehörigen genoß, war sicher ein Grund
für die langjährige Dauer der familiären Amtstradition.
Simonis mochte eine beispielhafte Wirkung auf seine Verwandten haben. Immerhin
führte Johannes Bernhard König die Reihe der meist von seinem
Onkel gegründeten (Familien-) Stiftungen fort. Am 2.4.1783, nur wenige
Tage vor seinem Tode, verfügte er testamentarisch Landbesitz zu einer
Familienfundation. Die Pachterträge, die aus diesem Land (noch heute
5,41 ha) erzielt wurden, sollten für "arme Waisen" 54
aus der "Familie" des Stifters verwandt werden.
Als König am 23.4.1783 im Alter von 78 Jahren starb, erhielt er
zwei Tage später ein ehrenvolles Begräbnis neben dem Marienaltar
in der von seinem Onkel errichteten Esbecker Pfarrkirche 55.
3
Der Stifter Heinrich Simonis soll 1736 freiwillig auf sein Amt als Pfarrer
verzichtet und bis 1740 das von ihm gegründete Familienbenificium
als Titularpfarrer innegehabt haben. Die letzten Jahre bis zu seinem Tod
am 7.4.1743 konnte er wohl aus eigenem Vermögen bestreiten 56.
4
Heinrich Severinus König, ein Neffe des Stifters, wurde in Paderborn
(Abdinghof) zum Priester geweiht und wirkte in Esbeck als Vikar bis zu
seinem Tod am 5.3.1767 57.
53 Erzbistumsarchiv
Paderborn, Band 141, a.a.O., voL 12 (Bestätigung von Pfarrer J.B.
König vom 7.5.1743 für einen Zusatzvermerk des Stifters); eine
Photographie des Siegels wurde wiedergegeben in: Vogt, Vogthof, a.a.O.
Die Familienstiftung untersteht der Aufsicht des Amtsgerichts
in Lippstadt (Geschäfts-Nr. Gen V 28) und der Verwaltung des jeweiligen
Pfarrers von Esbeck (vgl. Staatsanwaltschaft Paderborn, Geschäfts-Nr.
13 Js. 267/76). Die Grundbücher im Amtsgericht Geseke bestimmten den
Einheitswert der 5,41 ha Ackerland in der Geseker Flur mit DM 4.920, (Bestand
1972/73) bei einem Ertragswert vom DM 1.030,. Laut Auskunft des Amtsgerichts
Lippstadt vom 20.2.1974 werden DM 800,erwirtschaftet. Anträge von
Stiftungsbewerbern sind zu richten an: Königsche Familienstiftung
bei der Katholischen Kirchengemeinde St. Severin, Simonisstraße 6,
4780 Lippstadt-Esbeck.
54 Grundbuch des
Amtsgerichts Geseke, Blatt 1551, Bestandsverzeichnis 1.
55 Kirchenarchiv
St. Severinus, Sterberegister 1783, S. 5.
56 Vogt, Beiträge,
a.a.O., S. 39.
57 Kirchenarchiv
St. Severinus, Sterberegister 1767 (Band 1).
---191---
5
Im Gegensatz zu den vom Stifter festgesetzten Bedingungen 58
durfte Johannes Christoph Wiese, seit ca. 1768 Pfarrer von Bökenförde
(St. Dionysius) noch über den 12.1.1769 hinaus die Vikarie besetzen,
bis ein neuer Bewerber auftreten mochte 59.
Pfarrer Wiese war zuvor auch Vikar am Rüthener St. Anna-Beneficium
gewesen. Er starb unter dem Ruf eines "großen Marienverehrers" 60
am 9.6.1802 in Bökenförde.
6
Im Jahre 1769 trat schon ein neuer Bewerber auf, der oben erwähnte
Ferdinand Antonius König, genannt Steinhoff, der sich in Geseke auf
sein Studium vorbereitete, d.h. noch kein Geistlicher war, aber von seinem
Vater vorgeschlagen wurde 61. Der damalige
Pfarrer J.B. König wünschte aber, wegen der desolaten Finanzverhältnisse
der Vikarie den Antrag zunächst abzulehnen.
Tatsächlich aber muß die Investitur von Steinhoff 1769 nach
dem Examen dennoch erfolgt sein, wie es jedenfalls in seinem "Curriculum
vitae" 62 behauptet wird. Demnach wurde
er am 14.8.1754 in Liesborn geboren, in Esbeck unter der Aufsicht seiner
(geistlichen) Verwandten erzogen. Ein Jahr verbrachte er im Priesterseminar
in Köln und am 20.3.1779 wurde er zum Priester geweiht. Die Approbation
für die Seelsorge fand in Arnsberg statt. Schon seit dem 30.4.1780
war er Pfarrer von Esbeck. Er soll nach mündlicher Überlieferung
noch eigenhändig die Ackerwirtschaft betrieben haben und verstarb
am 3.1.1828.
7
Der aus Mellrich (1.1.1768) gebürtige Augustinus Hoffherr wurde nach
dem Schulbesuch in Geseke, Studien in Paderborn und Köln am 1.9.1793
zum Priester geweiht und trat am 1.1.1793 bereits die Esbecker Vikariestelle
an 63. Seit dem 6.11.1798, nach der
entsprechenden Ausbildung an der Normalschule in Arnsberg, war er Schulvikar
in Mellrich und resignierte in Esbeck. Er blieb dort aber als "Patron",
u.a. auch als häufiger Taufpate tätig.
58 Siehe Anm. Nr.
45.
59 Erzbistumsarchiv
Paderborn, Band 141, a.a.O., vol. 12.
60 Kirchenarchiv
St. Dionysius, Bökenförde, Kirchenbuch 2, Sterberegister 1802.
61 Siehe Anm. Nr.
49.
62 Erzbistumsarchiv
Paderborn, Band 141, a.a.O., vol. 24 f; vgl. Liese, Wilhelm, Necrologium
Paderbornense, Totenbuch Paderborner Priester (1822 1930), Paderborn
1934, S. 528.
63 Liese, Necrologium,
a.a.O., S. 278; vgl. Stille, Mellrich, a.a.O., S. 136. Im Gegensatz zu
den Mellricher Kirchenbüchern und zu Liese hat Hoffherr in den Vikarieakten
ausschließlich den Vornamen Antonius. Seit dem 75. Lebensjahr erhielt
er für den Schulunterricht einen Gehilfen, den Küster Heinrich
Drepper.
---192---
Zu seiner Zeit wurde auch die Mellricher Pfarrkirche neugebaut, die
ihre heutige äußere Gestalt der gemeinsamen Initiative des ersten
Oberpräsidenten der preußischen Provinz Westfalen, Freiherrn
von Vincke und Pfarrer Johannes Theodor Herbst verdankt 64.
An der Einweihung der neuen Kirche am 27.11.1846, nur wenige Tage vor Hoffherrs
Tod, nahmen außer ihm noch viele andere aus Mellrich gebürtige
Priester teil, unter denen der bedeutendste der Paderborner Fürstbischof
Dr. Johann Franz Drepper (1787 1855) war. Er entstammte einer Familie,
die das Mellricher Küsteramt seit 1777 innehatte. Seine geistliche
Laufbahn soll hier näher geschildert werden, weil Drepper ein Zeitgenosse
des letzten Esbecker Vikars, Prof. Dr. Augustinus Pilgrim war. Sie führte
Drepper als Vikar durch das ehemals kurkölnische Sauerland: nach Belecke
und Arnsberg, wo er zugleich am Gymnasium unterrichtete. 1817 war er für
ca. fünf Jahre Pfarrer von Mülheim. Als Domkapitular lehrte er
in Paderborn zur Exegese des Neuen Testaments und in der Dogmatik. Einen
Ruf an die Universität Bonn lehnte er ab. Drepper wurde am 11.1.1845
der neue Bischof von Paderborn, gehörte der Frankfurter Nationalversammlung
als Deputierter an (das Mandat erhielt er von der Versammlung der deutschen
Bischöfe in Würzburg). Er wurde weiterhin bekannt durch die Gründung
des Paderborner Knabenseminars (1846), durch seinen Einfluß auf Pauline
von Mallinkrodt zur Gründung der Genossenschaft der Schwestern der
christlichen Liebe (1849), sowie durch die Gründung des heute weithin
ausgebauten Bonifaciusvereins für die Diasporaseelsorge 65.
Bereits einen Tag nach der Konsekration der neuen Mellricher Pfarrkirche,
am 28.11.1846, sollten die Firmung und das 50jährige Pristerjubiläum
von Augustinus Hoffherr gefeiert werden. Sie verdienen besondere Beachtung,
weil sie die Atmosphäre und das Milieu veranschaulichen, in denen
Priester der kognatischen Mellricher Simonis-Linie aufgewachsen sind.
Nach der Firmung wurde der Priesterjubilar Hoffherr vom Fürstbischof
aus dem Pfarrhause zur Jubilarfeier abgeholt und mit einer schönen
Geste geehrt: der Fürstbischof überreichte seinem ehemaligen
Dorfschullehrer den Pilgerstab und eine Krone. Die Festpredigt hielt der
ebenfalls aus Mellrich gebürtige Ostinghauser Pfarrer Leifert. Er
würdigte die Schultätigkeit und seine große Schülerzahl,
aus der viele prominente Priester hevorgegangen seien, namentlich der Paderborner
Fürstbischof und zwei von Hoffherrs Neffen (Prof. Dr. A. Pilgrim,
Peter Josef Gremm(l)er) 66.
Hoffherr, der während der Novemberfeiern trotz seines hohen Alters
von beinahe 79 Jahren noch sehr rüstig schien, starb nur wenige Tage
später, am 16.12.1846. Sein Grabdenkmal (zusammen mit Pfarrer Herbst
und Kaplan Anton Henkelmann) ist auf dem Mellricher Friedhof noch erhalten.
64 Vogt, Beiträge,
a.a.O., S. 119 ff, Bils. 14; Stille, Mellrich, a.a.O., S. 60 ff.
65 Stille, Mellrich,
a.a.O., S. 163 f.
66 Stille, Mellrich,
a.a.O., S. 69; vgl. Liese, Necrologium, a.a.O., S. 222 (Peter Josef Gremm(l)er
war ebenso schon am 1.3.1842 als Vikar an St. Elisabeth in Rüthen
gestorben.)
---193---
8
Am 7.10.1802 fand die Investitur für Jacob Leopold Bolte statt 67.
Aber schon am 6.9.1816 resignierte er zugunsten von Augustinus Hoffherr
68;
denn auch für Bolte, wie für vier seiner sieben Vorgänger,
war die Vikarie "nur" eine Durchgangsstelle zu einer Pfarrei. Er wurde
der neue Pastor in Allagen (St. Johannes Bapt.), wo er in der Nacht vom
16. auf den 17.12.1841 verstarb 69.
9
Augustinus Pilgrim wurde am 21.4.1799 in Mellrich geboren 70.
Nach dem Schulbesuch in Geseke und Amsberg 71
wurde er von seinem Onkel als "Patron" der Esbecker Blutsvikarie präsentiert
71
(Anstellung: 18.12.1827). Pilgrim muß sich schon früh während
seines Studiums in Bonn und Münster ausgezeichnet haben, denn laut
seinem Esbecker "Curriculum vitae" wurde er auf höhere Weisung zu
anderen Universitäten geschickt"
72,
obwohl er "noch kein Priester, sondern Kandidat der Theologie" war 72.
Zu seinen Studienaufenthalten gehören auch Wien und Tübingen.
Er schloß sich der katholischen "Tübinger Schule" an, namentlich
dem Apologeten Johann Sebastian Drey und dem Orientalisten Andreas Benedikt
Feilmoser 0.S.B. 73, denen Pilgrim
wesentliche Anregung und Ermunterung verdankte. Mit dem Trierer Theologen
Gotthard Braun war er eng befreundet.
Während seiner Alummnenzeit (seit Oktober 1823) betrachtete er
den katholischen Pädagogen Bernhard Heinrich Overberg als Vorbild
74.
Am 6.4.1824 wurde er in Münster zum Priester geweiht 75,
wo er, abgesehen von kurzer Lehrtätigkeit in Würzburg, sein wissenschaftliches
Studium fortsetzte. Einen Ruf an die Bonner Universität lehnte er
ab 75. Nach der Promotion wirkte er
67 Erzbistumsarchiv
Paderborn, Band 141, a.a.O., vol. 15.
68 Erzbistumsarchiv
Paderborn, Band 141, a.a.O., vol. 16.
69 Kirchenarchiv
St. Johannes Baptist, Allagen, Kirchenbuch Nr. 9, Sterberegister 1841,
S. 86, Nr. 21.
70 Kirchenarchiv
St. Alexander, Mellrich, Kirchenbuch Nr. 4, Taufregister 1799, S. 114:
von späterer Hand vermerkt: "Der Täufling war Vikar in Esbeck,
ordiniert 1824. Ging von Esbeck nach Münster"; vgl. Liese, Necrologium,
a.a.O., S. 601.
71 Erzbistumsarchiv
Paderborn, Band 141, a.a.O., vol. 17.
72 Erzbistumsarchiv
Paderborn, Band 141, a.a.O., vol. 24 f. Pilgrim erhielt für sein Studium
ein Staatsstipendium; vgl. Hegel, Eduard, Geschichte der Katholischen Theologischen
Fakultät Münster 1773 1964, Heft 30: Münsterische Beiträge
zur Theologie, begr. v. Franz Diekamp und Richard Stapper, fortgef. v.
Hermann Volk, hrsg. von Bernhard Kötting und Joseph Ratzinger, Band
1, Münster 1966, S. 174; Band 2, Münster 1971, S. 65.
73 Esser, Wilhelm,
Oration Funebris ad Celebrandam Memoriam Viri Venerabilis et Doctissimi
Augustini Pilgrim . . . Münster 1827, S. 20 f; Nachruf in: Theologische
Quartalsschrift, Tübingen Band 9/1827, S. 387.
74 Esser, Leichenpredigt,
a.a.O., S. 23.
75 Esser, Leichenpredigt,
a.a.O., S. 25. Mit der Priesterweihe in Münster war Pilgrim "dieser
Diözese inkardiniert worden" (Hegel, Kath.-Theol. Fakultät, a.a.O.,
Band l, S. 225), obwohl er aus dem Paderborner Bistum gebürtig war.
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als Privatdozent, als Repetent für Theologie und orientalische
Wissenschaften. Mit dem Münsteraner Philologen und Exegeten Johannes
Hyazinthus Kistemaker, ein ehemaliger Mitschüler und Freund Overbergs,
arbeitete er zusammen 76. Beide Persönlichkeiten
(Kistemaker und Overberg) gehörten zum Kreis der Fürstin Amalie
von Gallitzin, des ehemaligen Ministers Franz von Fürstenberg 77
und des späteren Erzbischofs von Köln, Clemens August, Freiherr
von Droste-Vischering, um nur die bekanntesten Namen zu nennen. Mit Overberg
und Kistemaker wurde Pilgrim auch mit dem christlich-humanistischen Gedankengut
der Münsterschen "familia sacra" vertraut, wie dieser Kreis auch genannt
wurde. Kistemaker war Direktor des Münsterschen Gymnasiums Paulinum,
wo Pilgrim zeitweilig auch in Hebräisch unterrichtete 78.
Seit dem 6.11.1826 wirkte er als ordentlicher Professor.
Wer nach dem Einfluß und der Bedeutung Pilgrims innerhalb des
Mellrich-Esbecker Verwandten- oder Theologenkreises fragt, wird nur wenige
direkte Hinweise finden. Der Theologieprofessor Wilhelm Esser hob in der
Leichenpredigt hervor, daß Pilgrim während seiner Krankheit,
kurz vor dem Tode (31.7.1827) die Nähe seiner Verwandten in Liesborn
suchte, dem Geburtsort des Esbecker Pfarrers F.A. König, genannt Steinhoff
79.
In Mellrich erhielt er die Sterbesakramente und so Esser von seinem
Bruder (wahrscheinlich sein Halbbruder: Vikar Peter Josef Gremmler) Zuspruch
und Trost beim Rezitieren aus dem Johannesevangelium
80.
- Wenn der aus Mellrich gebürtige Pastor Leifert in der erwähnten
Festpredigt (zum Priesterjubiläum von Vikar Hoffherr 1846), zwei Jahrzehnte
später noch den allzu frühen Tod Pilgrims beklagte, so mag darin
mehr als eine bloße höfliche Floskel liegen in Anwesenheit
von mehr als 20 Geistlichen mit dem ebenso aus Mellrich stammenden Paderborner
Fürstbischof Dr. theol. J.F. Drepper an der Spitze.
Pilgrims tiefe Verwurzelung im religiösen Glauben und der wissenschaftlichen,
theologischen Tätigkeit ist auch durch das Klagelied bezeugt, das
sein Kollege, der Kirchenmusiker Franz Neuhaus komponierte:
"Schweiget bange Klagelieder,
Ach das Grab gibt uns nicht wieder,
was es furchtbar raubt!
Trost für uns in unserm Kummer
Ist: er hat geglaubt.
Schnöder Sinnenlust entwunden
War er ganz an Pflicht gebunden,
Jesu treu bis in das Grab,
Schlummre sanft in heilger Ruh'
Dem Erstehungsmorgen zu!" 81
76 Esser, Leichenpredigt,
a.a.O., S. 28.
77 Bergenthal, Josef,
Alte und neue Universitäten in Westfalen, Münster 1971, S. 35
ff.
78 Siehe Anm. Nr.
76.
79 Esser, Leichenpredigt,
a.a.O., S. 35.
80 Esser, Leichenpredigt,
a.a.O., S. 35 f.
81 Esser, Leichenpredigt,
a.a.O., S. 6.
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Mit Pilgrim starb der letzte Inhaber der Vikarie St. Barbara aus der
Stifterfamilie. Nur ein halbes Jahr darauf, am 3.1.1828, verstarb auch
der letzte Esbecker Pfarrer der Familie Simonis-König (F.A. König,
gt. Steinhoff).
IV
Zusammenfassung: Zur Rekrutierung des Priesternachwuchses aus der
ländlichen Bevölkerung
Pastor Heinrich Simonis (? 1743) darf sicher als der einflußreichste
Vertreter seiner Familie bezeichnet werden. Seine Amtseinführung bedeutete
für das öffentliche, politische und kirchliche Leben einer der
nördlichsten Grenzgemeinden im kurkölnischen Herzogtum Westfalen,
Esbeck, eine einschneidende Zäsur. Er verhalf der katholischen Kirche
in Esbeck und darüber hinaus zu neuer, dauerhafter Lebenskraft (Regelung
und Stabilisierung der kirchlichen Besitzverhältnisse, geregelte Gottesdienstordnung,
Bautätigkeit usw.). Dank seines Vermögens konnte er seiner Familie
mit dem Familienbeneficium, der Blutsvikarie St. Barbara einen interessanten
Anreiz für die geistliche Laufbahn schenken. Wenn auch die finanziellen
Verhältnisse der Vikarie oft sehr beschränkt waren, so konnte
sie doch als Anlauf-, Vorbereitungs- oder Durchgangsstelle zum Beispiel
zu mancher Pastorat (Esbeck, Allagen, Bökenförde) dienen.
Die familiäre Amtstradition hatte eine mehr als 100jährige
Lebensdauer. Der Schwerpunkt, bzw. das Hauptbetätigungsfeld war Esbeck
mit der dortigen Familienvikarie und der Pfarreistelle, die von 1696 bis
1828 stets vom Onkel an den Neffen vergeben wurde. Neben Esbeck war Mellrich
als Geburtsort von vier der neun Esbecker Priester (Simonis, Hoffherr und
Pilgrim) ein weiterer wichtiger Ort, von wo auch viele Priester anderer,
nicht verwandter Familien stammten (Ledert, Drepper).
Der Erfolg von Simonis' Reformarbeit war zweifellos wesentlich begründet
in dem sozialen Milieu, das sich im Amtsbewußtsein von Simonis, dessen
enger Verbundenheit mit den Familien oder Nachkommen seiner Schwestern,
dessen Ansehen in der Verwandtschaft (vgl. Wappen von Pastor J.B. König)
oder in den komplizierten Heiratskreisen (zum Beispiel: König-Heidmann-Vogt-Hoffherr)
äußerte. Dieses Milieu wurde in seiner Bedeutung für die
Berufswahl oder den beruflichen Werdegang der einzelnen Geistlichen bestätigt
und mochte angesichts der starren ständischen Gesellschaftsordnung,
insbesondere in der staatlich-kirchlichen Beamtenhierarchie eine besonders
starke Wirkung haben. Dies zeigt sich auch in der (wahrscheinlichen, wenn
auch im strengen Sinne nicht nachweisbaren) Vorfahrenschaft von Pastor
Heinrich Simonis, dem Anröchter Simonis-Geschlecht, dem viele Geistliche
der Reformationszeit, Juristen und Honoratioren westfälischer Städte
(Soest, Meschede, Brilon) entstammen.
Bis zur napoleonischen Zeit war ein Priester bürgerlich-bäuerlicher
Herkunft von Regierungsgeschäften oder dem Aufstieg zu höchsten
Beamtenstellen
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ausgeschlossen. Er mußte sich in der Regel mit bloßen Exekutiv-,
Urkunds- oder Verwaltungsfunktionen bescheiden. Freilich, für die
bäuerliche Bevölkerung, dem niedersten Stand, war zum Beispiel
eine ländliche Pastorat eine stets erstrebenswerte soziale Aufstiegsposition,
deren Wert nach der Säkularisation eher noch anstieg (vgl. hohe Anzahl
einheimischer Priester beim Hoffherrschen Priesterjubiläum 1846);
denn mit dem Reichsdeputationshauptbeschluß von 1803 verloren die
geistlichen Fürstentümer ihre territoriale, politische Grundlage
und an Wert für den (Hoch-) Adel, der bisher die wichtigsten kirchlichen
Beamtenstellen für sich beanspruchte. Vor diesem Hintergrund ist der
steile Aufstieg von Dr. J.F. Drepper zum Fürstbischof von Paderborn
nicht verwunderlich, obwohl seine Eltern und Vorfahren sich 100 Jahre (seit
1777) mit der Küsterstelle in Mellrich begnügen mußten.
Auch die glänzende wissenschaftliche Laufbahn von Prof. Dr. A. Pilgrim,
des letzten Inhabers der Esbecker Blutsvikarie, verdeutlicht in diesem
Sinne die Bewegung, die seit der Säkularisationszeit in das kirchliche
Beamtengefüge gekommen war.
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