Arnold Vogt
Regionalgeschichte anhand von
Bildmedien im Unterricht
Die Gegenreformation im Paderborner
Land
Geschichtsunterricht, der durch den Erwerb von
Kenntnissen und Einsichten, von Fähigkeiten und Fertigkeiten zu einem
„Geschichtsbewußtsein" beitragen und dessen existentiell-funktionale
ideologische Bedeutung in modernen Lebenszusammenhängen (der Schülerinnen
und Schüler) bewußt machen soll, wird auf die selbständige
und selbstbewußte Schülerarbeit mit historischem Material nicht
verzichten'. Dazu eignen sich neben schriftlichen Quellen aufgrund der
verbreiteten Text- oder Quellenmüdigkeit vor allem Bildmedien2. Sie
sind nicht nur in Schulbüchern - dort freilich in vorwiegend illustrativem
Sinn - enthalten'. Darüber hinaus kann ein beachtliches Medienangebot
ebenso aus dem regionalen Umfeld der Schulen in den Unterricht einbezogen
werden, um den Schüler zu einer neuen „historischen" Sichtweise des
eigenen, scheinbar vertrauten Lebensraums vor Ort und zur Entdeckung dessen
andersartiger und fremder Vergangenheit anzuregen. So kann der Schüler
historische fortwirkende oder auch gescheiterte Strukturen in der eigenen
Umgebung erkennen und hinsichtlich ihrer heutigen Relevanz erarbeiten.
Der Schülerbezug ist zweifellos ein wichtiger
Grund, lokal- und regionalgeschichtliche Themen in der Unterrichtsgestaltung
zu berücksichtigen. Ihre vielfältigen Möglichkeiten werden
aus der didaktisch-methodischen Aufbereitung regionaler, musealer Bildmedien
sowie vergleichbarer Objekte (Bauwerke, -komplexe, Grundrisse etc.) des
geographischen Raumes ersichtlich*. In diesem Sinn ist auch eine neu geplante
Diaserie der Landesbildstelle Westfalen (Münster) über „die Gegenreformation
im Paderborner Land" konzipiert.
Die Gegenreformation - verstanden als vielfältiger,
historisch-politischer und soziokultureller Wandel vom wachsenden Einfluß
der Reformation zum gegenläufigen Erstarken des Katholizismus - hat
das Paderborner Land*, wie überhaupt den westfälischen Raum maßgeblich
geprägt: die päpstlich-katholische (Bereitschaft zur Gegen-)
Reform, die theologische, sozial- und machtpolitische Abgrenzung von Andersgläubigen
oder Fremden, der Machtgewinn der fürst(bischöf)lichen „Landesherrschaft"
gegen demokratisierende Tendenzen des Bürgertums, der sozialen Unterschichten
und gegen die traditionellen Machtansprüche der „Stände" (Adel/„Ritterschaft",
Geistlichkeit und Städte). In diesem Vorgang formierte sich allmählich
zwischen Protestanten und Katholiken eine scharfe Polarisierung, die anfängliche
Hoffnungen und Aussichten auf Ausgleich und Verständigung ausschloß.
Diese Gegensätze erlaubten keinen Kompromiß, sondern zwangen
jedermann zu einer Entscheidung „für oder gegen!" bis zur Gegenwart.
Der bedeutendste Vertreter der „Paderborner Gegenreformation"
war Fürstbischof Dietrich IV. (von Fürstenberg, 1585-1618), ...
12 Bildmedien
Bei der Themen- und Medienwahl erwies sich das
Problem der Repräsentativität lokaler Verhältnisse als ausschlaggebend,
deren isolierte Betrachtung zu verzerrten Ergebnissen sentimentaler Erhöhung
führen würde. Daraufhin werden im folgenden zwölf Bildmedien
der „Gegenreformation im Paderborner Land" kurz skizziert, um den allgemeingeschichtlichen
Zusammenhang sowie didaktisch-methodische Aspekte (u. a. Anknüpfungspunkte
an Schulbuchmaterialien) hervorzuheben. So können ...
1. Bild: Johannes von Hoya
Als erstes Bild wurde ein zeitgenössisches
Individual- oder Herrscherporträt des Paderborner Fürstbischofs
(Administrators) Johannes II. (von Hoya, 1568-1574, zugleich Fürstbischof
von Münster) gewählt: ...
2. Bild: Dietrich IV. von Fürstenberg
Während das erste Bild das seelsorgerische,
geistliche Amt des Dargestellten quasi erst im „zweiten" Schülerblick
(auf die Randschrift) erkennen läßt, ist das zweite Dia deutlicher:
...
3. Bild: Ahnentafel
Ein Ahnenauszug der westfälischen Fürstenberger
dokumentiert den niederen Adel der Familie und ihren ständischen Aufstieg
(durch eine gezielte Heiratspolitik ...
4. Bild: Schloß Neuhaus
Der zentralen und hervorragenden Bedeutung von
Schloß Neuhaus für die persönliche Sicherheit und die Hofhaltung
Dietrichs IV. entspricht die Bildauswahl für die Diaserie ...
5. Bild: Rathaus in Paderborn
Ist das Rathaus in Paderborn wie in anderen Städten
ein historisches Zeugnis wirtschaftlicher Blüte, bürgerlichen
Gemeinwesens, städtischer „Freiheiten" und Selbstbehauptung gegenüber
dem bischöflichen, landesherrlichen Machtanspruch? ...
6. Bild: Jesuitenkolleg Paderborn
Ein wesentliches Fundament der „Gegenreformation"
war allerorten der Jesuitenorden, der schon frühzeitig, mit Unterstützung
Dietrichs IV. eine Paderborner Niederlassung gründen konnte. ...
7. Bild: Wewelsburg
Der Erwerb und Neuausbau der Wewelsburg zur Festung
und Residenz unter Dietrich IV. in den Jahren 1606/07 war ein wichtiger
Schritt, den landesherrlichen Machtanspruch auch im Innern des Paderborner
Landes buchstäblich zu untermauern und zu demonstrieren. ...
8. Bild: Grabmal Dietrichs IV
Das wirkungsvolle, von Dietrich IV. beabsichtigte
Zusammenspiel der verschiedenen Maßnahmenbündel, auf denen das
Gelingen der „Gegenreformation" beruhte und die in den bisherigen Dias
berücksichtigt wurden, kommen in einem schon zu Lebzeiten in Auftrag
gegebenen Grabdenkmal des Bischofs im Hochchor der Paderborner Domkirche
zum Ausdruck. Es ...
9/10. Bild: Herrscherporträt
Ließ die vielfältige Kraftentfaltung
der „Gegenreformation" unter Dietrich IV. dem Protestantismus noch eine
Chance? Daß die lutherisch empfindenden, unter Fürstenberg unterdrückten
Bürger Paderborns ihre Hoffnung nicht aufgegeben hatten, zeigte sich
...
11./12. Bild: Liborischrein/Jesuitenkolleg
Büren
Der Einfluß und das Gelingen der „Paderborner
Gegenreformation" wurde schon wenige Jahre nach der militärischen
Niederlage Christians von Braunschweig mit der feierlichen Rückführung
der LiboriReliquien demonstriert - in einem eigens aus den wiedereingeschmolzenen
„Christianstalern" (vgl. Dia 10) neugeschaffenen Silber-Schrein. Er wurde
als Sühne ...
Zusammenfassend ist das Thema „Gegenreformation
im Paderborner Land" als sinnvolle Ergänzung und Vertiefung des allgemeingeschichtlichen
Geschichtsunterrichts zu beurteilen, wie das reichhaltige Fundament regionaler
Bildmedien mit vielen Berührungspunkten und wechselseitigen Querverweisen
belegt. Die Bildmedien sind hier hinsichtlich des Geschichtsunterrichts
(ungeachtet altersspezifischer Voraussetzungen) besprochen worden. Zweifellos
eignen sie sich ähnlich für den Unterricht in Sozialwissenschaften,
Politik, Ev./Kath. Religionslehre und Kunst.
Die verschiedenen Bildmediensammlungen
/ Diaserien der Landesbildstelle Westfalen entsprechen zwar den didaktisch-methodischen
Anforderungen für den Schulunterricht und werden in der Masse an Schulen
in allen Jahrgangsstufen eingesetzt. Schulen und Lehrer erwiesen sich bisher
als Hauptabnehmer. - Gemäß ihrem schulübergreifenden, museumspädagogischen
Anspruch richten sich Diaserien aber nicht nur an Adressaten aus dem Schulbereich,
sondern ebenso an andere Interessenten aus Vereinen, Presse, Jugendarbeit
u. a. Aus diesem Grunde ist auch eine enge schulfachliche Beschränkung
- zum Beispiel auf die Schulfächer Geschichte, Kunst, Ev./Kath. Religionslehre
oder Politik allein - vermieden worden.
Anmerkungen, Literatur
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